Schrift

Die Armenische Schrift – Hayeren kir

Von Dr. Armenuhi Drost-Abgarjan

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Die Einführung der armenischen Schrift erfolgte im Jahre 407 n. Chr. durch den Mönchen Mesrop Maschtoz. Ursprünglich ein hoher Kanzleibeamter und ein von den Soldaten beliebter Befehlshaber am königlichen Hof der armenischen Archakidenkönige, zog er sich später als Mönch vom weltlichen Leben zurück und übernahm die Aufgabe, die armenische Schrift als Mittel zur Rettung der armenischen Identität zu schaffen. Mit der Unterstützung des damaligen Katholikos Großarmeniens Sahak Parthew (387-439) und des Königs Vramschapuh (388-413/14) sammelte er um sich junge Männer, die zum Teil wie er eine gute Ausbildung in den damaligen Bildungszentren Athen, Cesarea, Edessa, Kostantinopel und Alexandria genossen hatten. Mit ihnen reiste er nach Edessa, Amida und Samosata, mit dem Ziel, das Vorhaben der Erschaffung des armenischen Alphabets zu verwirklichen.Dabei hatte er sowohl eine wissenschaftliche als auch eine diplomatische Mission.Einerseits sollte er sich in den berühmten Bibliotheken und in Gesprächen mit syrischen und griechischen Gelehrten um die Erschaffung eines eigenständigen armenischen Alphabets bemühen. Andererseits musste er diese Aktion mit den fremden Herrschern der beiden Teile Armeniens abstimmen.

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Das armenische Alphabet, das bis heute unverändert genutzt wird, ist Zeugnis einer enormen sprachwissenschaftlichen Leistung. Die damals gängigen, meist auf semitischen oder griechischen Vorlagen basierenden Schriftsysteme, hatten durchschnittlich 22 bis 24 Buchstaben.Das armenische phonetische System zählt 36 Lauten. So mussten etwa 14 Phoneme neu definiert und schriftlich fixiert werden.In der Wahl der Schreibrichtung und Buchstabenreihenfolge richtete sich Mesrop nach dem damals modernsten phonetischen Schriftsystem, dem griechischen Alphabet.
Mit dem neu erschaffenen Alphabet kam Mesrop Maschtotz nach Edschmatzin. Korjun, der Biograph Mesrops, vergleicht seine Ankunft vom Berg Ararat mit der des Mose, der mit den Gebotstafeln vom Berg Sinai herabkam. Mesrop trug die Heiligen Schriftzeichen, die wunderbaren Lettern des armenischen Alphabets.Matenadaran, das Handschrifteninstitut in Jerewan, trägt den Namen von Mesrop Maschtotz. Wie in einer Schatzkammer werden dort mehr als 10.000 Manuskripte bewahrt und untersucht.Aus der ganzen Welt pilgern Armenier dorthin, oft um bestimmte Manuskripte zu sehen und zu lesen. Diese Bücher sind in märchenhaften Einbänden aus Gold und Edelsteinen, Elfenbein und Silber gebunden. Sie sind mit faszinierenden Farben aus Pflanzen und Insekten gestaltet. Lazurblau, Purpurrot und Goldgelb, die Lieblingsfarben der berühmten armenischen Buchmalerei.